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середу, 28 квітня 2010 р.

Serhij Zhadan: "Die Pilze des Donbass"

Im Frühling versinkt der Donbass im Nebel, und hinter den Kuppen verbirgt sich die Sonne.
Darum muss man die Stellen kennen,
muss wissen, mit wem man sich trifft.

Er war ein Arbeiter der früheren Pumpenfabrik,
ein Kerl, vom Alkohol gebeutelt.
„Wir“, sagte er beim ersten Treffen, „die Arbeiter der Pumpenfabrik,
galten immer als die Elite des Proletariats, die Elite, ja.
Damals, als alles in den Arsch ging, haben die meisten
die Hände in den Schoß gelegt. Aber die Werktätigen
der Pumpenfabrik nicht, wir nicht.
Wir haben dann die Bergarbeitergewerkschaft zusammengetrommelt,
drei ehemalige Kombinationsgebäude besetzt
und angefangen, Pilze zu züchten.“

„Pilze?“ Ich wollte es nicht glauben.
„Ja. Pilze. Erst wollten wir es mit meskalinhaltigen Kakteen versuchen, aber bei uns,
im Donbass, wachsen keine Kakteen.

Weißt du, was das Wichtigste ist, wenn du Pilze züchtest?
Das Wichtigste ist, dass du gut drauf bist, echt, Alter, das Wichtigste ist gut drauf zu sein.
Wir waren gut drauf, glaub mir, wir sind auch jetzt gut drauf, vielleicht weil 
wir eben doch die Elite des Proletariats sind.

Wir besetzen also die drei Gebäude und säen unsere Pilze aus.
Und dann, diese Freude an der Arbeit, dieser Kollektivgeist,
kennst du ja selbst – das berauschende Gefühl der Errungenschaften der Werktätigen.
Und das Wichtigste – alle sind gut drauf! Sind sogar ohne Pilze alle gut drauf!

Die Probleme kamen gleich ein paar Monate später. Unser Viertel hier
ist nicht ohne, hast du ja gesehen, vor kurzen haben sie eine Tanke abgefackelt,
die Polizei hat alle gedeckt, nicht mal tanken
konnten die noch, so sehr hatten sie es auf das Ding abgesehen.
Jedenfalls wollte uns eine Brigade auf die Pelle rücken, 
die Pilze kassieren, wie findest du das? Ich glaube, an unserer Stelle wäre jeder
eingeknickt, so ist das System, da knicken alle ein,
jeder seinem sozialen Status entsprechend.

Da haben wir eine Versammlung gemacht und überlegt – okay, Pilze sind okay,
aber es geht ja nicht um die Pilze und auch nicht um den Kollektivgeist,
nicht mal um die Pumpenfabrik, obwohl das nicht unwichtig war.
Wir dachten einfach, jetzt geht’s an die Ernte, unsere Pilze werden 
groß, sie werden groß und schießen sozusagen ins Kraut, 
und was sagen wir unseren Kindern, wie können wir ihnen in die Augen sehen?
Es gibt einfach Dinge, für die du verantwortlich bist, die du
nicht einfach wegschieben kannst. 
Wie du verantwortlich bist für dein Penizillin,
bin ich verantwortlich für meins.

Kurz und gut, dann hat’s auf den Pilzplantagen eine riesige Schlägerei gegeben. Wir
haben sie gleich dort erledigt. Als sie auf die warmen Herzen der Pilze fielen,
dachten wir:

Alles, was du mit deinen Händen machst, arbeitet für dich.
Alles, was du in dein Gewissen hinein lässt, schlägt
im selben Takt wie dein Herzschlag.
Wir sind in dieser Gegend geblieben, damit es unsere Kinder nicht so weit 
haben zu unseren Gräbern.
Das ist unsere Insel der Freiheit,
das erweiterte Bewusstsein
der Landwirtschaft.
Penizillin und Kalaschnikow – zwei Symbole des Kampfes,
Donbass-Castro führt die Partisanen 
durch die nebligen Pilzplantagen
hin zum Asowschen Meer.“

„Weißt du“, sagte er zu mir, „nachts, wenn alle schlafen
und die dunklen Böden den Nebel verschlucken,
fühle ich sogar im Schlaf, wie sich die Erde um die Sonne dreht,
ich höre, höre zu, wie sie wachsen.“

die Pilze des Donbass, diese lautlosen Chimären der Nacht,
treten aus der Leere, wachsen aus der Steinkohle;
solange die Herzen stillstehen wie die Aufzüge in nächtlichen Häusern,
wachsen die Pilze des Donbass, wachsen und verweigern 
den Entmutigten und Verlorenen ihr Sterben aus Gram,
denn, Kumpel, solange wir zusammen sind,  
wird einer da sein, der die Erde durchwühlt,
ihre warmen Innereien,
auf der Suche nach 
dem Schwarz des Todes
dem Schwarz des Lebens.
Aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe

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